Schneller Lesen zu können, ist in vielen Berufen und Bereichen sinnvoll. Als Journalist, Vortragender, Manager, Politiker oder auch Student könnte man sich mit einer erhöhten Lesegeschwindigkeit bei der Arbeit und beim Lernen viel Zeit sparen. Bekannte Schnellleser (oder Speedreader) in der Geschichte waren unter anderem Persönlichkeiten wie John Stuart Mill und die US-Präsidenten Franklin Roosevelt sowie John F. Kennedy. Aber ist es überhaupt möglich, Schnelllesen zu lernen?
Der durchschnittliche Mensch liest mit einer Lesegeschwindigkeit von 200-400 Wörtern pro Minute. Nicht geübte Leser schaffen oft sogar nur 100 Wörter pro Minute. Um ein Buch mit 100 Seiten und 30.000 Wörtern vom Anfang bis zum Ende durchzulesen, bräuchte ein durchschnittlicher Leser somit eineinhalb bis zwei Stunden. Diesen Artikel (850 Wörter) würdest er in ca. 3-4 Minuten bewältigen.
Den derzeitigen Weltrekord im Schnelllesen oder Speedreading hält übrigens der Amerikaner Sean Adam mit 3850 Wörtern pro Minute bei gutem Textverständnis. Sean liest somit zehnmal schneller als ein Durchschnittsmensch.
Es ist klar, dass solche enormen Lesegeschwindigkeiten nur mit jahrelanger Übung erreicht werden können. Für den Normalverbraucher ist es jedoch vermutlich schon sinnvoll, die Lesegeschwindigkeit von durchschnittlich 300 auf 600-800 Wörter pro Minute zu erhöhen.
Schnellesen erhöht dein Textverständnis
Eine sehr interessante Tatsache ist, dass sich das Textverständnis durch Speedreading sogar bis zu einem gewissen Punkt erhöht! Das könnte daran liegen, dass der Leser beim langsamen Lesen eher Gefahr läuft, mit seinen Gedanken abzuschweifen, da das Gehirn zuwenig gefordert wird. Wer schnell liest, automatisiert außerdem den Lesevorgang. Das bedeutet auch, dass weniger Konzentration für das „Entziffern“ der Buchstaben benötigt wird. Somit ist auch mehr Aufmerksamkeit für das Verstehen des Textes vorhanden.
Wovon hängt die Lesegeschwindigkeit ab?
Natürlich hängt die Geschwindigkeit, mit der du einen Text lesen und verstehen kannst, von sehr vielen Faktoren ab.
Die Formatierung des Textes spielt genauso eine Rolle, wie dein Fachwissen und dein themenspezifischer Wortschatz. Einen wissenschaftlichen Text wirst du normalerweise viel langsamer lesen können, als einen Artikel in der Tageszeitung. Je mehr Wissen man über ein Thema hat und je mehr Fachausdrücke man kennt, desto leichter und schneller wird dir das Lesen logischerweise fallen.
Ist Speedreading sinnvoll?
Doch nicht immer ist Speedreading sinnvoll. Ein Gedicht will man vermutlich genießen und auf sich wirken lassen. Auch ein Marathonläufer ist im Alltag nicht ständig laufend unterwegs. Ob Schnelllesen überhaupt Sinn ergibt, hängt daher von den Umständen und der Art des Textes ab.
Wie kann ich schneller Lesen lernen? 11 Tipps und Tricks
Im folgenden Abschnitt will ich dir 11 Tipps und Tricks zeigen, mit denen du deine Lesegeschwindigkeit signifikant erhöhen kannst.
1. Vielleser werden zu Schnelllesern
Je mehr du liest, desto mehr Leseübung hast du. Die meisten Vielleser verfügen daher auch über ein überdurchschnittliches Lesetempo.
2. Nicht die einzelnen Wörter lesen
Der häufigste Lesefehler liegt darin, zu versuchen, jedes einzelne Wort in einem Satz nacheinander zu entziffer. Mit dieser Vorgehensweise unterfordert man jedoch sein Gehirn. Mit dem Resultat, dass man nicht nur langsamer, sondern auch mit geringerem Textverständnis liest.
3. Blickspanne erweitern und 2-3 Wörter auf einmal erfassen.
Wer schneller lesen will, muss lernen seine Blickpanne zu erweitern und 2-3 Wörter auf einmal zu erfassen. Je mehr Wörter man mit einem Blick erfassen kann, desto leichter lässt sich die Geschwindigkeit beim Lesen erhöhen.
4. Minimiere die Fixierpunkte
Das Auge wandert beim Lesen nicht kontinuierlich über den Text, sondern fixiert für eine kurze Zeit einen kleinen Teil des Textes. Es springt beim Lesen also von Fixierpunkt zu Fixierpunkt. Langsame Leser fixieren jedes einzelne Wort des Textes (im Extremfall sogar jeden Buchstaben), hier springt das Auge von Wort zu Wort. Schnelle Leser kommen in der Regel mit 2-3 Fixpunkten pro Zeile aus.
5. Achte auf eine gute Beleuchtung
Eine schlechte Beleuchtung überanstrengt das Auge und wird deine Konzentration sehr rasch sinken lassen. Der Helligkeitskontrast zum restlichen Raum sollte jedoch auch nicht zu hoch sein.
6. Regression vermeiden
Regressionen sind Rücksprung des Auges zu einem bereits gelesenen Textteil. In den meisten Fällen sind diese Rücksprünge jedoch nicht nötig, da du den Textteil sowieso richtig verstanden hast oder durch den Kontext des Textes verstehen kannst.
7. Wortschatz erhöhen
Je vertrauter dir die Wörter in einem Text sind, desto schneller können sie durch dein Gehirn verarbeitet werden. Auch stoppt das Grübeln über unverständliche Fremdwörter deinen Leserhythmus. Versuche aus diesem Grund unverständliche Wörter sofort nachzuschlagen und zu notieren. Auch hier gilt: Wer viel liest hat einen größeren Wortschatz.
8. Eine Lesehilfe verwenden
Der wohl einfachste Tipp um die Lesegeschwindigkeit deutlich zu erhöhen. Verwende am besten einen langen schmalen Gegenstand z.B. einen Bleistift oder notfalls deinen Zeigefinger. Mit dieser Lesehilfe fährst du in deinem gewählten Lesetempo den Text entlang. Dein Auge wird sich an der Lesehilfe orientieren und somit auch seltener zurückspringen (Regression) oder die Zeile verlieren.
9. Texte zuerst überfliegen
Gewöhne es dir an, Texte zuerst zu überfliegen. Einerseits lernst du beim Überfliegen schon die Basics des Speedreadings (Lesen in Wortgruppen und nicht von einzelnen Wörtern), andererseits verlierst du auch weniger Zeit beim genauen Lesen von Texten die für deine Arbeit oder dein Studium irrelevant sind.
10. Teste deine Lesegeschwindigkeit
Lese einen Text und stoppe die Zeit nach einer Minute. Wie weit bist du gekommen? Dann versuche die Tipps aus diesem Artikel auszuprobieren und vergleiche dein Ergebnis. Du solltest deine Geschwindigkeit deutlich gesteigert haben.
11. Hol dir die Speedreading-App zum Üben!
Ein cooles Online-Tool zum Testen deiner Lesegeschwindigkeit wird übrigens von Spreader zur Vefügung gestellt. Bei diesem Tool werden immer nur einzelne Wortgruppen bzw. Wörter vom Text gezeigt. Somit ist das Umherspringen des Auges von Fixpunkt zu Fixpunkt nicht mehr nötig. Die Lesegeschwindigkeit kann individuell eingestellt werden und lässt sich somit langsam steigern.